SINN – Das Prinzip für Marken mit Haltung

Es ist viel los in der Welt.

Eine ganze Generation treibt es freitags auf die Straßen, um für eine lebenswerte Zukunft zu demonstrieren. Sogar in patriarchalischen Ländern fordern mehr und mehr Frauen unter dem Hashtag #metoo die Gleichberechtigung der Geschlechter. Und endlich ist auch die deutsche Politik aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht und merkt, dass Internet an jeder Milchkanne vielleicht doch keine so schlechte Idee ist.

Diese drei Beispiele sind nur ein kleiner Ausschnitt des aktuellen Geschehens, zeigen aber sehr eindrucksvoll, dass unsere Gesellschaft sich in einem massiven Umbruch befindet. Was gestern noch galt, verliert morgen völlig an Bedeutung – auch und insbesondere in der Geschäftswelt.

Die Kunden der Zukunft stellen völlig neue Anforderungen an ein Unternehmen, insbesondere seine Marken, Produkte und Dienstleistungen sowie seine ethische Ausrichtung.  Höchste Eisenbahn also für eine Neuausrichtung. Denn wie lautet das prophetische Zitat von Carl Josef Neckermann noch gleich? „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.“ Aber wie kann dies erfolgreich gelingen?

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Auf Sinnsuche

In unruhigen Zeiten mit ungewisser Zukunftsaussicht hilft es, wenn eine Organisation sich auf das konzentriert, was den Kunden an ihren Marken wirklich wichtig ist. Aber was könnte das sein? Das exklusivste Produkt? Der niedrigste Preis? Die lebenslange Garantie? Tatsächlich nicht.

Studien belegen immer wieder, dass Glücksgefühle, etwa ausgelöst durch eingespartes Geld oder teure Anschaffungen, nur von kurzer Dauer sind. Zu schnell wird Monetäres als Normalität empfunden.

Als verlässlicher hat sich gerade in Krisen vielmehr die Antwort des berühmten Psychologen Victor Frankl erwiesen: Was für Menschen tatsächlich dauerhaften Wert hat, ist der Sinn ihres Handelns. Nur wer hinter seiner Lebensgestaltung und seinen Zukunftsplänen, aber auch in seinen erworbenen Produkten und Dienstleistungen eine Absicht, eine klare Haltung, eine Bedeutung oder – etwas moderner – einen Purpose erkennt, fühlt sich erfüllt und dauerhaft glücklich.

Daher nennt sich das Konzept, auf dessen Basis wir Marken beraten und bei einer anhaltenden Neuausrichtung begleiten, auch ganz einfach SINN: die Sinnstiftende, Innovative, Nachhaltige Neupositionierung. Inzwischen hat es sich vielfach für kleine und große Organisationen aus den unterschiedlichsten Branchen bewährt und funktioniert so:

Sinnstiftend

Alles beginnt mit einer scheinbar einfachen Denkaufgabe: „Frage dich nicht, wie dein Unternehmen von den Menschen profitieren kann, sondern wie die Menschen von deinem Unternehmen und seinen Marken profitieren können. Was ist ihr Purpose?“

Denn viele Menschen haben genug von Firmen, die zwar alles für ihre Anteilseigner und die Bilanzen tun, ihre Kunden dagegen nur als wandelnde Brieftaschen betrachten. Das soziale Engagement eines Unternehmens, sei es im Umgang mit der Natur, den eigenen Mitarbeitern oder den Menschen am Standort wird inzwischen oftmals als gleichwichtig empfunden, wie ein günstiger Preis oder die schnelle Lieferung.

Dabei geht es nicht darum, ein paar Bäumchen vor der Fabrikhalle zu pflanzen oder vielleicht doch mal über eine Frau im Vorstand nachzudenken – auf solch Augenwischerei fallen viele Menschen schon längst nicht mehr rein. Wir sprechen an dieser Stelle über Ihre ureigenen Unternehmenswerte und Ihr Selbstverständnis als Organisation; ihrer Corporate Identity.

Um dies an einem Beispiel zu verdeutlichen: Zu unseren Kunden zählt auch eine Unternehmensberatung. Klingt erst einmal nach Turbokapitalismus, Dollarzeichen und Aktienkursen, nicht nach Social Impact.

Allerdings zeigte sich bereits nach ein wenig kreativem Brainstorming, dass dem nicht unbedingt so ist. Natürlich geht es in der Unternehmensberatung immer um Zahlen und Geld. In unserem Fall allerdings konzentriert das Unternehmen sich vor allem auf die Begleitung von finanzieller Konsolidierung, Nachfolgeregelung und Neugründung mittelständischer Unternehmen – und tut damit bereits jede Menge für seine Mitmenschen und eine ganze Wirtschaftsregion.

Denn wo Arbeitsplätze bei inhabergeführten Firmen erhalten bleiben oder neue entstehen, stärkt das die Lebensqualität. Florierende Geschäfte ziehen neue Unternehmungen an, ganze Stadtteile blühen auf und werden für ihre Bewohner lebenswerter. Wenn dieser soziale Aspekt nun stärker betont und sich vermehrt darauf konzentriert wird, ist viel gewonnen.

Innovativ

Im nächsten Schritt heißt es, den Blick nach vorne zu richten, Anlauf zu nehmen und auf einen Zug aufzuspringen, der sich bereits rasend schnell Richtung Zukunft bewegt. Es gilt, die Megatrends der nächsten Jahre auszumachen und einige von ihnen gewinnbringend zu nutzen.

Das international renommierte Zukunftsinstitut aus Frankfurt am Main hat zwölf Entwicklungen ausgemacht, die unsere Welt in den kommenden Dekaden nachhaltig verändern werden – zwölf Megatrends für die Zukunft.

Wer sie ignoriert oder sich ihnen verweigert, der ist in Gefahr, abgehängt zu werden. Wer sie dagegen clever nutzt und in die eigene Unternehmensstrategie mit einbindet, dem steht die Zukunft offen.

Was also sind diese Megatrends? Im Einzelnen folgende:

  1. Gender Shift: Alte Rollenmuster sind passé. Die Frau am Herd und der Mann im Job – von diesem Geschlechterstereotyp können wir uns verabschieden.
  2. Gesundheit: Das zentrale Gut von morgen ist nicht Luxus oder Geld, sondern Gesundheit bis hinein ins hohe Alter.
  3. Globalisierung: Die Welt wächst weiter zusammen. Insbesondere in den Bereichen Wissenschaft, Kultur und Zivilgesellschaft.
  4. Konnektivität: Kommunikationstechnologie verändert den Alltag wie kaum eine andere Erfindung. Wer nicht online ist, existiert quasi nicht mehr.
  5. Individualisierung: Selbstverwirklichung und individuelle Selbstbestimmung werden wichtiger denn je. Jeder möchte seine eigene, ganz besondere Geschichte schreiben.
  6. Mobilität: Individualverkehr verliert an Bedeutung, dennoch werden die Menschen immer mobiler – mit neuen, nachhaltigen Produkten und Services.
  7. New Work: Die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmen, die klassische Firmenkarriere war gestern. Wichtiger als der Gehaltscheck wird zunehmend die Sinnfrage.
  8. Neo-Ökologie: Der Bezug zur Natur gewinnt rasend schnell an Bedeutung, ob in Konsumverhalten, Handlungsmoral oder Unternehmensstrategie. Nachhaltiges Handeln und grünes Denken sind gefragter denn je.
  9. Sicherheit: Insbesondere die gefühlte Sicherheit ist hier ausschlaggebend. Denn Verbrechen und Armut sind weltweit zwar rückläufig, werden durch andere Megatrends wie die Konnektivität aber viel intensiver wahrgenommen.
  10. Urbanisierung: Stadtflucht? Von wegen! Wider aller Dorfromantik gewinnen die urbanen Zentren weiter an Bedeutung und werden zum Brennglas für Kultur, neue Entwicklungen und eine pluralistische Gesellschaft.
  11. Silver Society: Menschen werden älter und bleiben gleichzeitig länger aktiv und gesellschaftlich involviert. Wer weiterhin das Bild vom taubenzüchtenden Senior im Kopf behält, hat verloren.
  12. Wissenskultur: Eine umfangreiche Bildung ist das Kapital der Zukunft. Der berüchtigte Fachidiot kann einpacken; nur wer Zusammenhänge erkennt und weit über den Tellerrand blickt, wird sich bewähren.

Es versteht sich von selbst, dass nicht jedes Unternehmen jeden einzelnen Megatrend für sich nutzen kann. Eine Firma für Gebäudesanierung auf dem Land, wie jene, für die wir bereits tätig waren, hat mit Urbanisierung und Sicherheit wenig Berührungspunkte.

Dafür wird dort zum Beispiel auf Wissenskultur in Form regelmäßiger Personalfortbildungen gesetzt, um den Kunden einen noch umfassenderen Service zu bieten. Oder auf den Gender Shift, indem mehr junge Frauen für einen handwerklichen Beruf begeistert werden. Oder auf die Silver Society, dadurch, dass der alte Meister in die Ausbildung des Nachwuchses integriert wird und all seine Erfahrungen weitergeben kann. Oder, oder, oder…

Einen Megatrend richtig zu nutzen heißt nicht, das ganze Unternehmenskonzept von oben bis unten umzukrempeln und der eigenen Zielgruppe nur noch per App mit Facebook-Anbindung und Sprachoption für Esperanto zu begegnen.

Vielmehr sind es Nuancen und Feintuning – winzige Schritte mit den großen Ideen im Hinterkopf. So lassen sich Megatrends selbst in kleinen Unternehmen implementieren und in gesundes Wachstum kanalisieren. Das Potenzial dafür steckt in jeder Organisation.

Nachhaltig

Schritt Nummer drei ist die Konzentration auf das eine Thema, welches die Menschen derzeit mehr bewegt, als jedes andere: Nachhaltigkeit.

Zugegeben, der Begriff wird derzeit ziemlich überstrapaziert. Große Konzerne versuchen, sich durch Greenwashing einen ökologischen Anstrich zu verleihen und Kunden stehen Heilsversprechen von Umweltverträglichkeit und Artenschutz zunehmend skeptisch gegenüber. Daher ist zum einen Fingerspitzengefühl gefragt, zum anderen eine gewaltige Portion Authentizität.

Zunächst bedeutet das zu verstehen, dass Nachhaltigkeit nicht einfach nur für eine umweltfreundliche Verpackung steht. Die Thematik greift weiter und führt tiefer; bei acht ideen orientieren wir uns in der Markenberatung gerne an den 17 Zielen für eine nachhaltige globale Entwicklung der Vereinten Nationen. Diese umfassen:

  • Keine Armut
  • Kein Hunger
  • Gesundheit und Wohlergehen
  • Hochwertige Bildung
  • Geschlechtergleichheit
  • Sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen
  • Bezahlbare und saubere Energie
  • Menschwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum
  • Industrie, Innovation und Infrastruktur
  • Weniger Ungleichheiten
  • Nachhaltige Städte und Gemeinden
  • Nachhaltige/r Konsum und Produktion
  • Maßnahmen zum Klimaschutz
  • Leben unter Wasser
  • Leben an Land
  • Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen
  • Partnerschaften zur Erreichung der Ziele

Ganz schön vielschichtig also und eine gewisse Schnittmenge mit den Megatrends ist ebenfalls zu erkennen – was die Bedeutung von Nachhaltigkeit für eine erfolgreiche Neuausrichtung allerdings nur unterstreicht. Man könnte hier also durchaus von Ultra-Megatrends sprechen.

Diese vollständig für die eigene Strategie aufzugreifen ist auch hier natürlich nicht möglich. Ein mittelständisches Unternehmen aus Südwestfalen wird sich kaum erfolgreich gegen den Welthunger stemmen können. Aber ein wenig nachhaltiger geht immer. Sei es das (fast) papierfreie Büro, der Strom aus Windkraft oder ein ÖPNV-Ticket für die eigenen Mitarbeiter.

Natürlich darf auch gerne größer gedacht werden. Bei einem unserer Kunden etwa handelt es sich um ein Walzwerk, das Rohstahl veredelt und damit einsatzbereit für die Industrie macht. Das hört sich zunächst weder nachhaltig noch grün an – stimmt aber nicht.

So wird zum Beispiel ein guter Teil des Stroms für die Anlagen aus dem firmeneigenen Wasserkraftwerk gewonnen. Verarbeitet wird vornehmlich recycelter Stahlschrott, sämtliche Zulieferer sitzen in der Region, was unnötige Schadstoffbelastungen durch lange Transportwege vermeidet. Auf dem Gelände einer alten Lagerhalle entstand keine neue Fabrik, sondern eine Streuobstwiese und für die Mitarbeiter werden Sportprogramme, Wandertreffs und regelmäßige Fortbildungen angeboten. All das ist nachhaltig und kommt bei Belegschaft, Kunden und den Menschen der Region verdammt gut an.

Neupositionierung

Im finalen Schritt gilt es nun, die gewonnenen Erkenntnis – Was ist der Sinn meiner Marke? Welche Megatrends kann ich für sie nutzen? Wie implementiere ich den besonders bedeutsamen Trend ‚Nachhaltigkeit‘? – in eine zukunftsfähige Neupositionierung umzusetzen. Das dahinterstehende Prinzip nennt sich „Marke mit Haltung“ oder schlicht Purpose-Marketing.

Denn wer Gutes tut, muss auch darüber reden – schließlich geht es am Ende des Tages nicht nur darum, den Planeten zu retten, sondern auch, die Rechnungen zu bezahlen. Wichtig ist dabei, das eigene Engagement zielgerichtet zu kommunizieren. Nicht zu selbstherrlich und aggressiv, aber auch nicht zu versteckt und zurückhaltend. Ein Balanceakt, der durchaus polarisierende Wirkung haben kann.

Denn wenn eine Marke sich etwa eine New-Work-Ethik auf die Fahnen schreibt, wird dieser Schritt von manch einem Zeitgenossen sicher negativ konnotiert werden. Schließlich hat der deutsche Arbeitnehmer pünktlich zu Dienst zu erscheinen und seine Zeit nicht mit neumodischem Firlefanz zu verschwenden. Auf ein wenig Gegenwind sollte sich ein Unternehmen, das Haltung zeigt, also einstellen.

Gleichzeitig allerdings wird eine Botschaft mit Sinn die eigene Zielgruppe viel stärker ansprechen und damit an das eigene Unternehmen binden, als herkömmliches Marketing. „Müllers Waschpulver wäscht Wäsche weißer als weiß“ lockt keine Katze mehr hinter dem Ofen hervor – jedes Mittelchen macht Kleidung sauber und „weißer als weiß“ ist eine leere Werbephrase. „Müllers Wachpulver ist frei von Tensiden und damit grundwasserschonend und wird von einem Team produziert, das gezielt Menschen mit körperlichen Einschränkungen integriert“ dagegen hat eine Botschaft mit Substanz – den Purpose.

Genau danach suchen die Kund*innen von heute immer gezielter und assoziieren diese Botschaft gleichzeitig mit der Wertigkeit eines Produktes. Entschieden darüber früher alleine Preis und Exklusivität, sind es heute die Einstellung eines Unternehmens zu sozialen Fragen oder sein ökologisches Engagement und deren Projektion auf seine Marken, die für den wahrgenommenen Wert einer Ware entscheidend sind.

Wie aber lässt sich diese Botschaft nun gezielt streuen und die dazugehörige Neupositionierung erreichen? Wie funktioniert Purpose-Marketing in der Realität? Vor allem durch intensive Kommunikation. Diese beginnt bei Corporate- und Produkt-Design, führt über den Webauftritt und die sozialen Medien bis hin zu Schritten wie gezieltem Storytelling durch Content-Marketing. An dieser Stelle auf jeden einzelnen Schritt im Detail einzugehen, würde den Rahmen dieses Beitrages mehr als sprengen.

Daher abschließend ein allgemeingültiger, aber wichtiger Ratschlag: Wenn Sie denn SINN Ihrer Marken erkannt und sich für Purpose-Marketing entschieden haben, dann geben Sie keine bloßen Lippenbekenntnisse ab, sondern stehen Sie zu Ihren Werten. Zeigen Sie Haltung, lassen Sie sich nicht verbiegen, selbst wenn es Kritik geben sollte. Die ewig Unzufriedenen schreien am lautesten; ihre Zielgruppe allerdings wird es Ihnen nie verzeihen, wenn Sie sich zunächst einer Mission verschreiben, nur um dann doch einzuknicken.

Der Weg in die Zukunft ist manchmal ein wenig steinig, aber eine Marke mit Haltung wird sich langfristig immer durchsetzen.

Was noch bleibt

Wir freuen uns darauf, Sie und Ihre Marken in die Zukunft zu begleiten. Denn in uns allen steckt das Potenzial, das Leben ein wenig besser zu machen. Dass ein Unternehmen gleichzeitig wachsen und profitieren kann, ist für uns kein Widerspruch. Gehen Sie also gemeinsam mit uns auf Ihre ganz persönliche Sinnsuche. E-Mail oder Anruf genügt.

Juni 2021, acht ideen – Florian Stary, Torsten Huith